Die Pinselohren sind zurück

Luchs

Vor über 300 Jahren war der Luchs, der aufgrund seiner langen Haarspitzen an den Ohren auch „Pinselohr“ genannt wird, in Europa weit verbreitet – Deutschland galt sogar als „Luchsland“. Dies änderte sich jedoch schlagartig mit dem Beginn der Industrialisierung im 19. Jahrhundert. Immer mehr Wälder wurden gerodet, wodurch der Luchs nicht nur seinen Lebensraum, sondern auch seine Nahrungsgrundlage verlor – und so griff er kurzerhand  auf das Vieh der Bauern zurück, um zu überleben. Dies führte jedoch dazu, dass man die Großkatze systematisch jagte, bis, so berichtet der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der vorerst letzte in Deutschland beheimatete Luchs 1850 in den Alpen getötet wurde.

Rückkehr nach über 100 Jahren

Über 120 Jahre lang galt er hierzulande als ausgerottet, bis es sich Tierschützer in den 1970er-Jahren zur Aufgabe machten, den Eurasischen Luchs wieder in Deutschland anzusiedeln. So wurden nach Informationen des WWF die ersten Tiere damals ohne behördliche Zustimmung in Bayern freigelassen; die erste offizielle Wiederansiedlung fand in den 1980er-Jahren im Sumava Nationalpark, der sich von Tschechien aus bis nach Bayern erstreckt, statt.

Wiederansiedlung mit Hindernissen

Bis heute werden regelmäßig Wiederansiedlungsprojekte von Tier- und Naturschutzorganisationen wie dem WWF ins Leben gerufen. Das Ziel ist, die Population der Großkatze in Deutschland zu etablieren und zu stabilisieren, was sich jedoch zum Teil als recht schwierig gestaltet. Die Gründe dafür sind vielfältig: Einerseits ist die Sterblichkeitsrate bei jungen Luchsen relativ hoch; bis zu 75 Prozent der Jungtiere sterben aufgrund von Krankheiten oder mangelnder Nahrung. Andererseits ist der Luchs sehr zurückhaltend bei der Erschließung neuer Gebiete, was das Aufeinandertreffen der einzelnen Tiere und die mögliche Paarung von Männchen und Weibchen nicht einfach macht.  

Erschwert wird die Verbreitung der Luchse außerdem durch große waldfreie Flächen, das dichte Straßennetz mit hohem Verkehrsaufkommen sowie das illegale Töten der Großkatzen. Nach einer Studie des WWF in Kooperation mit dem Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung und der Universität Freiburg fällt jeder fünfte Luchs in Bayern der illegalen Jagd zum Opfer.

Die Lücken schließen

Um dem Luchs zu helfen, werden die Wiederansiedlungsprojekte daher auf wichtige Übergangsgebiete ausgeweitet. Nachdem z. B. im Sommer 2016 mehrere Luchse aus der Slowakei im Pfälzerwald (Rheinland-Pfalz) freigelassen wurden, begannen Tierschützer 2023 im anliegenden Baden-Württemberg weitere Tiere anzusiedeln, darunter auch das Weibchen Verena. Die eineinhalb Jahre alte Luchs-Dame wurde im November 2024 im Nordschwarzwald angesiedelt. Die Tierschützer erhoffen sich, dass sie sich u. a. mit einem Männchen aus dem Pfälzerwald paart, um den genetischen Austausch voranzutreiben und die Population zu stärken.

Ein weiterer wichtiger Verbindungskorridor für das Luchs-Netzwerk in Deutschland wurde 2024 mit der Auswilderung von vier Luchsen im Thüringer Wald gelegt. Bis 2027 sollen dort insgesamt 20 Pinselohren eine neue Heimat finden und ein wichtiges Bindeglied zwischen den Populationen im Harz und Bayerischen Wald bilden.

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